VOELKERKUNDE
Die schönsten Fotos hat BBC ins Netz gestellt. Zeitlos anmutende Aufnahmen des Fotografen Robert Leutheuser: Berge, weisse Häuser, archaische Trachten. Sie illustrieren den knappen Artikel, der uns Auskunft darüber geben soll, wer die Jesiden (Yeziden) sind. Vor ein paar Tagen haben sich plötzlich alle Medien die Mühe genommen, uns über diesen „geheimnisvollen“ Stamm, dieses Volk, diese Sekte zu informieren. Denn auch nach elf Jahren (Kriegs-) Berichterstattung aus dem Irak hat offenbar kaum jemand je zuvor vom Volk der Jesiden gehört, das durch Einsatz von „gezielten Schlägen“ oder „humanitarian strikes“ und Waffenlieferung an die Kurden vor nie da gewesener Barbarei zu retten sich der Westen vorgenommen hat.
Aber warum wissen wir nichts über die Jesiden.
Vielleicht weil der Irak ohnehin nie etwas anderes für uns war als ein Fleck auf der Landkarte, bewohnt von einem Autokraten, Rebellen und Stammesfürsten, von Tätern und Opfern, Guten und Bösen, ins öffentliche Bewusstsein geholt durch Schlagwörter, TV-Bilder, Feuer und Rauch.
Vielleicht auch weil der Blick der „Weltöffentlichkeit“ seither immer unsteter wird, die Hintergrundtexte immer kürzer, aktueller, sensationeller werden.
Vom Sudan nach Libyen und Syrien, von Aegypten nach Nigeria, von der Ukraine nach Palästina und nach Russland, von Afghanistan zum Irak und wieder zurück. Und jeden Tag kommt eine neue Sensation, ein neuer Widersacher, eine neue Katastrophe dazu.
Wie sah Bagdad vor dem Krieg aus? Parks? Strassen? Häuser? Schulen? Universitäten? Krankenhäuser? Wo liegt Mosul, wo Erbil, wer wohnt dort? Wovon haben die Leute gelebt? Welche Feste haben sie gefeiert? Was haben sie gelesen? Welche Filme gesehn? Was für ihre Kinder erhofft? Wie lebt es sich auf dem Land, im Gebirge, in den Ebenen, wie hat es sich dort gelebt.
Keine Zeit mehr für Geschichtsbücher, Literatur, alte und neue Reiseberichte, Alltags-Reportagen jenseits des Kriegsgeschreis. Keine Zeit für Widersprüche und lange Erörterungen.
Jeder kann Zeitzeuge sein.
Sind sie vor Ort? Schicken Sie uns ein Bild. Schnell.
Haben Sie eine Meinung? Schreiben Sie uns. Sofort.
Sind Sie für oder gegen die Russen oder die Israelis oder die Kurden?
Ihre Meinung zählt.
Sie wissen nicht genau worum es sich handelt?
Egal. Hauptsache Sie wissen, wo Gut und Böse ist.
Den Guten liefern wir Waffen und Hilfsgüter, die Bösen strafen wir.
Wer nicht für uns, ist gegen uns.
So einfach ist das.
Falls Du dereinst fragen solltest, warum „wir“ an humanitäre Bomben geglaubt haben oder was „wir“ in Ländern zu suchen hatten, von denen „wir“ noch weniger zu verstehn schienen als die alten Kolonisatoren, die doch hin und wieder die Mühe auf sich genommen haben, exotische Sprachen zu lernen und den Alltag ihrer Feinde oder ihrer Untertanen zu studieren, werden „wir“ sagen:
Wir hatten keine Zeit.
Was hätten wir denn noch alles wissen sollen.
Wir haben immer nur das Gute gewollt. Alle haben damals daran geglaubt.
Du hast leicht reden. Du warst noch zu klein. Du kannst es nicht beurteilen.
Aber warum wissen wir nichts über die Jesiden.
Vielleicht weil der Irak ohnehin nie etwas anderes für uns war als ein Fleck auf der Landkarte, bewohnt von einem Autokraten, Rebellen und Stammesfürsten, von Tätern und Opfern, Guten und Bösen, ins öffentliche Bewusstsein geholt durch Schlagwörter, TV-Bilder, Feuer und Rauch.
Vielleicht auch weil der Blick der „Weltöffentlichkeit“ seither immer unsteter wird, die Hintergrundtexte immer kürzer, aktueller, sensationeller werden.
Vom Sudan nach Libyen und Syrien, von Aegypten nach Nigeria, von der Ukraine nach Palästina und nach Russland, von Afghanistan zum Irak und wieder zurück. Und jeden Tag kommt eine neue Sensation, ein neuer Widersacher, eine neue Katastrophe dazu.
Wie sah Bagdad vor dem Krieg aus? Parks? Strassen? Häuser? Schulen? Universitäten? Krankenhäuser? Wo liegt Mosul, wo Erbil, wer wohnt dort? Wovon haben die Leute gelebt? Welche Feste haben sie gefeiert? Was haben sie gelesen? Welche Filme gesehn? Was für ihre Kinder erhofft? Wie lebt es sich auf dem Land, im Gebirge, in den Ebenen, wie hat es sich dort gelebt.
Keine Zeit mehr für Geschichtsbücher, Literatur, alte und neue Reiseberichte, Alltags-Reportagen jenseits des Kriegsgeschreis. Keine Zeit für Widersprüche und lange Erörterungen.
Jeder kann Zeitzeuge sein.
Sind sie vor Ort? Schicken Sie uns ein Bild. Schnell.
Haben Sie eine Meinung? Schreiben Sie uns. Sofort.
Sind Sie für oder gegen die Russen oder die Israelis oder die Kurden?
Ihre Meinung zählt.
Sie wissen nicht genau worum es sich handelt?
Egal. Hauptsache Sie wissen, wo Gut und Böse ist.
Den Guten liefern wir Waffen und Hilfsgüter, die Bösen strafen wir.
Wer nicht für uns, ist gegen uns.
So einfach ist das.
Falls Du dereinst fragen solltest, warum „wir“ an humanitäre Bomben geglaubt haben oder was „wir“ in Ländern zu suchen hatten, von denen „wir“ noch weniger zu verstehn schienen als die alten Kolonisatoren, die doch hin und wieder die Mühe auf sich genommen haben, exotische Sprachen zu lernen und den Alltag ihrer Feinde oder ihrer Untertanen zu studieren, werden „wir“ sagen:
Wir hatten keine Zeit.
Was hätten wir denn noch alles wissen sollen.
Wir haben immer nur das Gute gewollt. Alle haben damals daran geglaubt.
Du hast leicht reden. Du warst noch zu klein. Du kannst es nicht beurteilen.
dana wolf - 14. Aug, 16:40