4
Sep
2014

VOKABELN LERNEN

007

Es klingt so sensationell als spazierten wir geradewegs in einen Film über den August 1914.

DAS IST KRIEG: EUROPAS KRIEG! titelt die deutsche Zeit Online am 28. August 2014 nachmittags.

Seit ich dieses Tagebuch begonnen habe (das war am 6. März 2014) ist so mancher Konflikt zum Krieg geworden. Zuerst haben wir uns an die Bilder gewöhnt, dann an die Sprache.

A great war has arrived at our doorstep – the likes of which Europe has not seen since World War Two“ sagt der Ukrainische Verteidigungsminister Valeriy Heletey Ende August via Facebook (s. BBC Online 2. September 2014)

Noch vor ein, zwei Jahren war die Ukraine Reiseland. Es gab unter unseren Freunden einige, die dort Flussfahrten unternommen, frisch renovierte Klöster besichtigt und über realsozialistischen Wohnungsbau gelästert haben. Man war neugierig auf die Ukraine wie auf Prag oder St. Petersburg. Der Wortschatz der Reiseführer schien ausreichend.

Inzwischen hat die Ukraine unseren Wortschatz erweitert: Revolution, Generalmobilmachung, Einberufung von Reservisten, Krieg, Kriegssteuer, Kriegsrecht, Kriegsverbrechen, Front, Frontverlauf, Raketen, Bomben, Waffenlieferungen und wir haben angefangen, die Toten zu zählen.

Wir haben das Land von der Reiseliste gestrichen wie andere Länder zuvor.

Das Kriegsvokabular hat den Frieden erobert.
Und da „der Westen“ derzeit geostrategisch gesehn an vielen Fronten zugleich kämpft, lernen wir jeden Tag dazu.

The Point of No Return sei nahe. Aussergewöhnliche Massnahmen seien zu ergreifen. „Wir“ müssten aufrüsten, den Anderen die Grenzen zeigen, Manöver durchführen, den Bündnisfall in Erinnerung rufen, Räume halten, Territorien sichern, verlorene Gebiete zurück gewinnen

Um Hilfe zu leisten, müssen wir nun an verschiedenen Ecken der Welt nicht nur Luftangriffe fliegen wie in Libyen oder in Somalia, sondern den Verbündeten (obwohl täglich neue Verwirrung darüber entsteht, wer wo zu den Verbündeten zählt und wer wo zu den Feinden) Schützenhilfe schicken:
Gewehre, Pistolen, Maschinengewehre, Panzerfäuste, Panzerabwehrraketenwerfer mit Geschossen, Handgranaten, ballistische Schutzbrillen…
An die Kurden im Irak zum Beispiel (als kenne das Volk der Kurden weder Parteien noch Interessen). Auch für die Kurden im Irak soll Beweglichkeit und Verteidigungsfähigkeit gewährleistet werden.
(s. Frankfurter Allgemeine Zeitung Online vom 1. September 2014)

Not und Bedrohung seien dort so gross, dass nur Waffen helfen könnten (obwohl die Rangliste der Schauplätze grösster Not, grösster Bedrohung und grösster Grausamkeiten) in immer kürzeren Abständen aktualisiert wird.

Du hast versprochen, nächstes Mal Deine Französischbücher und Französischhefte mitzubringen. Lass uns Merkzettel besorgen (die kleinen bunten mit dem Kleberand) und Vokabeln an Tisch, Bleistift und Zahnbürsten heften, damit wir nicht vergessen, was wirklich zählt. Wir werden wieder an den See gehn und versuchen, uns die Namen der Bäume zu merken. Wie im Sommer.
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