DENKANSTOSS
Die Stadt weiss ich auswendig oder ich bilde mir ein, sie so gut zu kennen, dass ich vertraute Wege mit verbundenen Augen gehen könnte. Wir haben sehr lange dort gewohnt und bis zu Deinem vierten Lebensjahr hast Du uns da besucht.
Ich war ein paar Jahre lang nicht in der Stadt, obwohl die Entfernung nicht ausserordentlich gross ist. Aber man muss den Röstigraben überqueren, jene sagenhafte Grenze zwischen der französischsprachigen und der deutschsprachigen Schweiz. Wozu zurück ins Altbekannte, wenn es so viel Neues zu entdecken gab.
Neulich hat sich ein Besuch ganz spontan ergeben. Zwei halbe Tage – nicht mehr. Keine Zeit für Reminiszenzen oder Nostalgien. Keine für eine ausführliche Analyse dessen, was geblieben ist oder was sich verändert hat.
Aber der Hafenkran war unübersehbar. Keine Ueberraschung. Nachrichten darüber haben auch die Romandie erreicht.
Der alt gediente seit 1963 real existierende DDR Hafenkran stammt aus Rostock, wo seine Dienste irgendwann nicht mehr gefragt waren. Er ist rostig, veraltet, nicht mehr zu gebrauchen.
Jetzt steht er hafenlos und gut gesichert in der Zürcher Altstadt und soll uns zu denken geben. Er ist ein Kunstprojekt geworden. Das macht sich breit und ist so hoch, dass die Jahrhunderte alten Häuser und Kirchen nah der Limmat wie Zwerge aussehn und der Fluss wie ein Rinnsal.
In die Zukunft verweist er nicht.
Er soll uns an die Vergangenheit erinnern - nicht die von Rostock, sondern die von Zürich, das einmal eine Hafenstadt hätte sein können, wäre es gelungen, Pläne zu realisieren, Zürcher Wasserwege mit dem Rhein zu verbinden, wodurch Zürich dann direkten Anschluss an die Weltmeere gefunden hätte.
„Hätte, hätte – Fahrradkette.“
Gedankenspiele dieser Art stammen aus der Zeit zwischen 1915 und 1918 und wurden bald ad acta gelegt.
Im Rathauscafé zu Füssen des Krans denke ich bei einem Espresso pflichtschuldigst darüber nach. Es steht in den Zeitungen und in Wikipedia, dass man das tun sollte. Auch warum ein Nebelhorn und fünf alte Poller zur Installation gehören. Das Projekt deklariert sich als Denkanstoss.
In den Medien und in Wikipedia werde ich auch darüber belehrt, dass es sich um ein „Readymade“ handelt, einen Gegenstand, der - aus seinem ursprünglichen Sinn Zusammenhang gerissen und neu installiert – zu einem Kunstwerk wird.
Die Stadt hat sich das mehr kosten lassen als Marcel Duchamp, der „Vater“ der Readymades seinerzeit die seinen.
Man ist reich. Man kann es sich leisten.
Die Chance, nachfolgende Archäologen darüber rätseln zu lassen, wie ein gigantischer Hafenkran aus Rostock an die kleine Limmat gekommen ist, hat sich die Stadt vergeben. Das Projekt heisst Transit Maritim und soll 2015 de-installiert werden.
Nieder mit den Alpen – freie Sicht aufs Mittelmeer hat die auf andere Himmelsrichtungen fixierte Zürcher Jugendbewegung der Neunzehnhundertachtziger Jahre gefordert.
Bei der Rückkehr aus der Stadt bin ich froh, zu entdecken, dass sie noch vorhanden sind, die Alpen. Ungerührt stehn sie da und denken sich gar nix.
Ich war ein paar Jahre lang nicht in der Stadt, obwohl die Entfernung nicht ausserordentlich gross ist. Aber man muss den Röstigraben überqueren, jene sagenhafte Grenze zwischen der französischsprachigen und der deutschsprachigen Schweiz. Wozu zurück ins Altbekannte, wenn es so viel Neues zu entdecken gab.
Neulich hat sich ein Besuch ganz spontan ergeben. Zwei halbe Tage – nicht mehr. Keine Zeit für Reminiszenzen oder Nostalgien. Keine für eine ausführliche Analyse dessen, was geblieben ist oder was sich verändert hat.
Aber der Hafenkran war unübersehbar. Keine Ueberraschung. Nachrichten darüber haben auch die Romandie erreicht.
Der alt gediente seit 1963 real existierende DDR Hafenkran stammt aus Rostock, wo seine Dienste irgendwann nicht mehr gefragt waren. Er ist rostig, veraltet, nicht mehr zu gebrauchen.
Jetzt steht er hafenlos und gut gesichert in der Zürcher Altstadt und soll uns zu denken geben. Er ist ein Kunstprojekt geworden. Das macht sich breit und ist so hoch, dass die Jahrhunderte alten Häuser und Kirchen nah der Limmat wie Zwerge aussehn und der Fluss wie ein Rinnsal.
In die Zukunft verweist er nicht.
Er soll uns an die Vergangenheit erinnern - nicht die von Rostock, sondern die von Zürich, das einmal eine Hafenstadt hätte sein können, wäre es gelungen, Pläne zu realisieren, Zürcher Wasserwege mit dem Rhein zu verbinden, wodurch Zürich dann direkten Anschluss an die Weltmeere gefunden hätte.
„Hätte, hätte – Fahrradkette.“
Gedankenspiele dieser Art stammen aus der Zeit zwischen 1915 und 1918 und wurden bald ad acta gelegt.
Im Rathauscafé zu Füssen des Krans denke ich bei einem Espresso pflichtschuldigst darüber nach. Es steht in den Zeitungen und in Wikipedia, dass man das tun sollte. Auch warum ein Nebelhorn und fünf alte Poller zur Installation gehören. Das Projekt deklariert sich als Denkanstoss.
In den Medien und in Wikipedia werde ich auch darüber belehrt, dass es sich um ein „Readymade“ handelt, einen Gegenstand, der - aus seinem ursprünglichen Sinn Zusammenhang gerissen und neu installiert – zu einem Kunstwerk wird.
Die Stadt hat sich das mehr kosten lassen als Marcel Duchamp, der „Vater“ der Readymades seinerzeit die seinen.
Man ist reich. Man kann es sich leisten.
Die Chance, nachfolgende Archäologen darüber rätseln zu lassen, wie ein gigantischer Hafenkran aus Rostock an die kleine Limmat gekommen ist, hat sich die Stadt vergeben. Das Projekt heisst Transit Maritim und soll 2015 de-installiert werden.
Nieder mit den Alpen – freie Sicht aufs Mittelmeer hat die auf andere Himmelsrichtungen fixierte Zürcher Jugendbewegung der Neunzehnhundertachtziger Jahre gefordert.
Bei der Rückkehr aus der Stadt bin ich froh, zu entdecken, dass sie noch vorhanden sind, die Alpen. Ungerührt stehn sie da und denken sich gar nix.
dana wolf - 26. Aug, 16:12